Steine am Strand
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Hüft- und Knieprothesen im Herzsport

Sport hält bekanntlich das Herz-Kreislaufsystem und den Bewegungsapparat gesund. Umso wichtiger ist eine ausreichende körperliche Betätigung im Alter. Deshalb stellen sich Herzsportgruppen-teilnehmerInnen bei zunehmenden Beschwerden im Hüft- und Kniegelenk häufig die Frage, ob eine orthopädische Versorgung mit einem künstlichen Gelenk sinnvoll wäre und welchen Einfluss dies auf den Herzsport hätte.

Zunächst einmal sollten HerzsportgruppenteilnehmerInnen Nutzen und Risiko einer solchen Operation insbesondere auf Grund kardialer Vorerkrankungen mit Hausarzt und Orthopäden in Ruhe besprechen. Dabei sollten insbesondere auch mögliche Alternativen zur Prothesenversorgung aufgezeigt und diskutiert werden.

In Deutschland wurden laut Statistischem Bundesamt allein im Jahr 2020 knapp 228.000 Hüftgelenke und 174.000 Kniegelenke mit einer künstliche Gelenkprothese versorgt (1). Somit sind deutschlandweit in nahezu jeder Herzsportgruppe TeilnehmerInnen, die sich für eine Prothesenversorgung der unteren Extremität entschieden haben. Ausschlaggebend hierfür sind meist ein fortgeschrittener Gelenkverschleiß aber auch schwere Verletzungen am Hüft- und Kniegelenk, die eine gelenkersetzende Operation notwendig machen. Dies ermöglicht herzkranken Menschen einem aktiven Lebensstil wieder nachzugehen und beispielsweise am Herzsport wieder teilzunehmen oder erstmalig damit zu beginnen (2). Wie gesund regelmäßiger Sport ist, haben klinische Studien nachweisen können. Ein körperlich aktiver Lebensstil reduziert das Risiko an Herzerkrankungen, Schlaganfall, Diabetes aber auch Brust- und Darmkrebs zu erkranken. Zusätzlich kann körperliche Aktivität Bluthochdruck und Übergewicht verhindern bzw. reduzieren und die psychische Gesundheit sowie das Wohlbefinden verbessern (3). Darüber hinaus senkt körperliche Aktivität im Alter das Sturzrisiko und erhöht die Knochendichte, was eine verbesserte prothetische Fixierung und ein verringertes Risiko einer prothetischen Lockerung begünstigten (2).

Aber nicht jede Form von Sport ist günstig für Menschen mit Hüft- und Knieprothesen. Berücksichtigt werden muss, dass auch künstliche Gelenke nicht ewig halten.  Sie unterliegen wie auch körpereigene Gelenke einem Verschleiß, können mit der Zeit auslockern und Entzündungsreaktionen auslösen. Dank moderner Materialien und Operationstechniken halten ca. 70% der Hüftprothesen und ca. 90% der Knievollprothesen noch nach 20 Jahren (4,5). Werden jedoch Wechseloperationen notwendig, können diese aufwändig und risikoreich sein. Der Grad der mechanischen Belastung des künstlichen Gelenkes entscheidet über dessen Langlebigkeit. Neben Körpergewicht spielen dabei auch die Art und Technik der körperlichen Aktivität eine große Rolle (6). Kontaktsportarten, viele Ballsport- und Kampfsportarten werden mit einem künstlichen Hüft- und Kniegelenk nicht empfohlen, da hierbei mitunter hohe punktuelle Gelenkbelastungen und Scherkräfte wirken können, die den Materialabrieb und Verschleiß begünstigen. Patienten mit Knievollprothesen sollten darüber hinaus Sportarten mit hoher Belastung während der Kniebeugung vermeiden.

Gelenkschonender Sport wie Schwimmen, Fahrradfahren und Nordic Walking verlängern hingegen die Standzeit signifikant. So beugt regelmäßige körperliche Bewegung dem Risiko steifer Gelenke und verkürzter, schwacher Muskeln vor. Dies führt neben der verbesserten Knochendichte und dem verminderten Sturzrisiko zu einer längeren Haltbarkeit der künstlichen Gelenke. Herzsportgruppen mit ihren wohl dosierten Trainingseinheiten mit Stärkung von Ausdauer, Muskelkraft und Koordination unter der Aufsicht speziell qualifizierter Übungsleiter bieten sich hierfür idealerweise an. Somit sollten gerade herzkranke Menschen mit künstlichen Hüft- oder Knieprothesen dem Herzsport unter Berücksichtigung einer angepassten gelenkschonenden Belastung nachgehen. Getreu dem Motto: „Wer rastet der rostet!“

Dr. med. André Krath, Beisitzer LAG

Referenzen:

1: Die 20 häufigsten Operationen insgesamt – Statistisches Bundesamt (destatis.de)

2: Stevens M, Reininga IH, Bulstra SK, Wagenmakers R, van den Akker-Scheek I. Teilnahme an körperlicher Aktivität bei Patienten nach totaler Hüft- und Knieendoprothetik. Clin Geriatr Med. 2012;28(3):509–20.

3: Organisation WH. Globaler Aktionsplan für körperliche Aktivität 2018-2030: mehr aktive Menschen für eine gesündere Welt. Genf: Weltgesundheitsorganisation; 2018.

4: Evans JT, Evans JP, Walker RW, Blom AW, Whitehouse MR, Sayers A. How long does a hip replacement last? A systematic review and meta-analysis of case series and national registry reports with more than 15 years of follow-up. Lancet. 2019 Feb 16;393(10172):647-654. doi: 10.1016/S0140-6736(18)31665-9. Epub 2019 Feb 14. PMID: 30782340; PMCID: PMC6376618.

5: Evans JT, Walker RW, Evans JP, Blom AW, Sayers A, Whitehouse MR. How long does a knee replacement last? A systematic review and meta-analysis of case series and national registry reports with more than 15 years of follow-up. Lancet. 2019 Feb 16;393(10172):655-663. doi: 10.1016/S0140-6736(18)32531-5. Epub 2019 Feb 14. Erratum in: Lancet. 2019 Feb 20;: PMID: 30782341; PMCID: PMC6381229.

6: Schmalzried TP, Huk OL. Patient factors and wear in total hip arthroplasty. Clin Orthop Relat Res. 2004 Jan;(418):94-7. doi: 10.1097/00003086-200401000-00016. PMID: 15043099.