Steine am Strand
Gesundheits-Datenbank

Herz und Schwerbehinderung

Was ist eigentlich eine Schwerbehinderung und wann sollte ich als Herz Patient/ Patientin darüber nachdenken, einen Antrag auf Schwerbehinderung zu stellen?

Die Zuerkennung einer Schwerbehinderung ist ein Nachteilsausgleich unseres Staates, also eine soziale Errungenschaft und somit eine gute Sache. Wir als Gesellschaft möchten auf diese Weise Menschen mit Behinderungen darin unterstützen, ihre Teilhabe am Gemeinschaftsleben zu verbessern.

Das einfachste Beispiel dazu ist die Befreiung von der GEZ-Rundfunkgebühr für Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ins Kino, Konzert oder Theater gehen können. Auch der Behindertenparkplatz für Rollstuhlfahrer*innen ist allen bekannt und ein gutes Beispiel.

Für Herzpatientinnen heißt dies, dass wenn ich aufgrund meiner Herzerkrankung und verglichen mit dem „Schnitt“ meiner Altersklasse, trotz aller Mühe und Behandlungen nicht mehr so kann wie ich sollte – dann wäre es eine Überlegung wert, einen Antrag auf Schwerbehinderung zu stellen. Entscheidend ist das Leistungsvermögen und damit die Einschränkungen, die sozusagen hinten rauskommen. Nicht die Krankheit selbst. Für die Schwerbehindertenbehörde, in Schleswig-Holstein das Landesamt für soziale Dienste, ist es im Antragsverfahren also nicht entscheidend wie viele Stents ein Herzpatient hat, wie viele Tabletten er/ sie einnehmen muss oder wie oft er schon operiert wurde, sondern wie sich die Krankheit im Alltag auswirkt, ob er/ sie zu Hause noch die Treppe hochkommt oder den Staubsauger schwingen kann.

Das Maß, also die Schwere einer Behinderung, wird nach sogenannten Graden (GdB / Grad der Behinderung), im Volksmund auch „Prozente“ bemessen. Einige GdB-Werte sind bei Herzpatientinnen gesetzt. Beispielsweise beträgt der GdB nach einer Herzklappenoperation mindestens 30 oder nach einer Defi-/ICD Implantation mindestens 50. Menschen mit einem schwachen Herzen werden nicht nach dem Ultraschallbefund des Herzens und der ermittelten Pumpleistung beurteilt, sondern nach ihrer Leistungsfähigkeit im Alltag. Als Faustregel gilt hier: Je mehr Luftnot desto höher die Prozente. Für einen Einzel GdB von 50 bei Herzschwäche muss es einem schon (dauerhaft) ziemlich schlecht gehen, hier ist eine Herzschwäche im Stadium III (Beschwerden bei leichter Belastung, z. B. Gehen in der Ebene) Mindestvoraussetzung.

Neben den „Prozenten“ (GdB) gibt es auch noch sogenannte Merkzeichen, die man mit beantragen kann. Am bekanntesten sind die Merkzeichen für Gehbehinderung (G) oder außergewöhnliche Gehbehinderung (AG). Auch das Merkzeichen B für eine notwendige Begleitperson wird häufig beantragt. Dieses wird immer dann vergeben, wenn ein Mensch z. B. orientierungslos eine Begleitperson benötigt oder auf einen Rollator angewiesen ist, den er nicht selbst in den Bus verfrachten kann. Andere Merkzeichen wie „H“, „Rf“, „Bl“ oder „Gl“ betreffen weniger Herzkranke, sondern Menschen mit Demenz, Erblindung oder Gehörlosigkeit.

Für die Merkzeichen zur Gehbehinderung gilt als Faustregel, dass die Voraussetzung für das Merkzeichen G bei einer beschwerdefreien Gehstrecke bis maximal 2000 m in 30 Minuten gewährt werden kann, während das Merkzeichen aG (außergewöhnliche Gehbehinderung) praktisch nur für Menschen im Rollstuhl, also Querschnittgelähmte oder Beinamputierte, infrage kommt.

Wie beantrage ich nun einen Schwerbehindertenausweis und das bringt mir das?

Der herkömmliche Weg besteht darin, sich einen der blauen Anträge nach dem Schwerbehindertenrecht bei der Hausärztin/ beim Hausarzt oder bei anderen Einrichtungen wie Sozialverbänden oder Rehakliniken zu besorgen. Der einfachste Weg geht heutzutage übers Internet. Über die Google Suchbegriffe „Antrag – Schwerbehinderung und SH“ finden sie den vierseitigen Einzelantrag zum Ausdrucken, der dann mit dem Kuli auszufüllen ist und anschließend auf dem Postweg an ihr zuständiges Landesamt für soziale Dienste verschickt werden muss.

Von diesen Landesämtern gibt es in Schleswig-Holstein vier, die alle Kreise und kreisfreien Städte versorgen. In Hamburg heißt das Landesamt für soziale Dienste „Versorgungsamt“. Sie können dem Antrag Arzt- und Krankenhausberichte beifügen, müssen es aber nicht. Das Landesamt besorgt sich diese auch selber. Dafür müssen sie in den Antrag allerdings ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte angeben und mit ihrer Unterschrift diese von ihrer Schweigepflicht entbinden.

Nachdem die medizinischen Informationen über sie zusammengesammelt sind, wird ihr Antrag intern durch eine qualifizierte Fachkraft oder einen gutachterlich tätigen Arzt /Ärzten begutachtet und die „Prozente“ ermittelt. Sollten Sie verschiedene Krankheiten geltend gemacht haben (z.B. Herz, Psyche, Rücken- und Schwerhörigkeit), wird für jedes Leiden ein einzelner GdB ermittelt und daraus dann ein Gesamt-GdB erstellt. Keineswegs ist es allerdings so, dass Einzel-GdB zusammengezählt (beispielsweise 10 + 10 + 20 = 50) werden. In der Regel zählt der höchste Einzel-GdB. Das Verfahren dauert recht lange, rechnen Sie bis zu etwa 3 Monaten.

Bezüglich der erreichten „Prozente“ und Merkzeichen wird abschließend vom Amt ein Bescheid erstellt, mit dem man sich ggf. unter Einsendung eines Lichtbildes einen Schwerbehindertenausweis erstellen lassen kann. Je nach Einstufung winken dann verschiedene Erleichterungen. Interessant wird es immer ab einem GdB von über 50. Es winken dann Steuerersparnisse, zusätzlich Urlaubstage für Arbeitnehmer, ein 49€ Ticket der Deutschen Bahn, eine Sicherung des Arbeitsplatzes (Kündigungsschutz) oder ein vorzeitiger Renteneintritt ohne Abzüge. Für blinde und gehörlose Menschen gibt es noch zusätzliche Leistungen.

Die Antragstellung ist kostenlos. Alles, was man braucht, ist eine Briefmarke und einen Kuli. Hilfestellung bei Schwierigkeiten oder auch im Falle einer Ablehnung im Widerspruchsverfahren leisten die Sozialverbände VdK und/oder der SoVD.

Viel Erfolg!